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44. Kohlwanderung der Rotenburger Segelflieger
(eigentlich sollte es bereits die 45. sein!)

Überpünktlich um 09:20 Uhr erreichen wir den Treffpunkt in Wittorf, Rote Moorstraße Nr.1. Nach einer herzlichen Begrüßung und der Überprüfung der Teilnehmerliste ertönt auch schon laut und unmissverständlich das Kommando: „Der Grünkohl ruft ! Auf geht’s, Kameraden!“ Unverzüglich setzt sich der Schwarm, bestehend aus 57 Wanderern und drei Vierbeinern in Bewegung. Es geht zunächst nach Süden, hinein ins Dorf. Einige Wanderer sind fest davon überzeugt, dass es nach Bothel oder Jeddingen geht. Sie sollten sich noch wundern.

Wir sind noch keine 15 Minuten unterwegs, da ruft Udo auch schon zum ersten Sammeln. Kleine Gläser werden fix hervorgeholt und mit bunten Säften gefüllt. Schnell geht es wieder weiter. Die kleinen Gefäße werden aber noch des Öfteren mit den verschiedensten Flüssigkeiten gefüllt. Bald breitet sich ein wohliges Gefühl im Körper aus. Schnellen Schrittes geht es voran. Perry an der Spitze der Wanderer ist so tief in ein Gespräch verwickelt, das er doch glatt die erste Abzweigung übersieht, aber Udo passt ja auf und Perry wirft noch schnell einen kurzen Blick auf die Karte, zur besseren Orientierung. Die Wanderfreunde nutzen die Pause und füllen die kleinen Gläschen wieder mit wohlschmeckenden Flüssigkeiten.

Nach 4,5 Kilometern werden die Gläschen noch einmal mit belebenden Säften gefüllt, dann nach weiteren 105 Metern haben wir die Hälfte des Weges geschafft und eine Belohnung erwartet uns in Form von kleinen Leckereien. Endlich ist es soweit! Steffen und Marc erwarten uns schon ungeduldig. Ihre leckeren Mitbringsel erfreuen unsere Gemüter. Vielen Dank Freunde für eure selbstlose Unterstützung bei unserer Vereinswanderung. Nach einer herzlichen Begrüßung und Worte des Dankes greife ich mir, wie viele Fliegerkameraden, einen Becher und fülle ihn mit würzigem Glühwein, denn aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre wissen ja die Teilnehmer dieser Expedition, Glühwein gehört bei einer Grünkohlwanderung unverzichtbar dazu. Ich bin noch mit ein paar Mettenden beschäftigt, fahre aber zwischendurch ruhig auch mal ein paar Süßigkeiten ein. Zwischendurch fülle ich meinen Becher noch einmal mit duftendem Glühwein. Nach annähernd 30 Minuten Pause geht es mit schnellen Schritten wieder voran, dem Ziel entgegen, das da heißt: „Grünkohl mit Pinkel“.

Zur kalten Jahreszeit gehört in Niedersachsen der Grünkohl, in Bremen auch Braunkohl genannt. Die Kohl- und- Pinkel-Saison beginnt nach einem ungeschriebenen Gesetz am „Buß-und Bettag“ eines jeden Jahres, in einer Zeit also, in der es draußen nieselt und die Gedanken immerzu in traurigen Bahnen gelenkt werden. Ein anständiges Kohl- und Pinkel-Essen dient in dieser die Sinne betrübenden Zeit als körperliche und moralische Aufrichtung. Doch nicht nur in der norddeutschen Landküche findet das vitaminreiche Gemüse Verwendung, sondern auch namhafte Sterneköche und Restaurants schätzen ebenfalls das Wintergemüse und kreieren mit den fiederschnittigen Blättern kleine, geschmackvolle Kunstwerke. Grünkohl ist ein Essen, das in großer Runde am besten schmeckt. Zusammen mit Pinkel, also Bregenwurst, Bauchfleisch und Kassler wird die Kohlrunde deshalb gern zum Event und gemeinsam mit Freunden zelebriert.

Winterzeit ist leider auch Erkältungszeit. Damit die körpereigene Schutzpolizei zuverlässig ihren Dienst verrichten kann, bedarf es einer ausreichenden Versorgung des Organismus mit verschiedenen Vitaminen und anderen Nährstoffen. Um Engpässe zu vermeiden, empfehlen Mediziner deshalb für die Ernährung viel Obst und Gemüse. Grünkohl ( bot. Brassica oleracea) ist das Winterwundergemüse und ist deshalb so gesund, weil es nicht nur viel Vitamin C (105 mg/100 g) enthält, sondern zudem viel Vitamin K (0,82 mg/100 g) sowie Beta-Carotin (5 mg/100 g), die wichtig für die Blutgerinnung, die Knochen- und Herzgesundheit und die Krebsprophylaxe sind. Der hohe Vitamingehalt geht leider durch die traditionelle Zubereitungsart, ein stundenlanges Schmoren, verloren.

Grünkohl wird erst spät im Jahr geerntet, da niedrige Temperaturen und Frost sich positiv auf die Geschmacksentwicklung auswirken. Die Kälte verbessert zusätzlich den Geschmack, da die Pflanze mehr Zucker einlagert. Das Hauptanbaugebiet in Niedersachsen liegt traditionell im Südoldenburger Land, dort wächst Grünkohl auf 300 Hektar. Es gibt übrigens zahlreiche Sorten, die unterschiedlich hoch werden und mehr oder weniger krause Blätter haben. Die neuen Züchtungen enthalten weniger Bitterstoffe und schmecken deshalb milder. Grünkohl mit Pinkel, mit oder ohne Vitamine, ist und bleibt das typisch norddeutsche Winteressen.

Noch gute vier Kilometer fehlen bis zum Ziel. Wir durchqueren ein Waldgebiet und haben zwei Tage zuvor ein Teilstück mit Zeichen aus der Sprühdose gekennzeichnet. Allerdings waren wir wohl nicht die einzigen, denn vielerorts waren Bäume mit Pfeilen markiert. Zu unserem Glück aber hat Udo seine Sprüharbeiten wiedererkannt und wir waren auf dem richtigen Weg. Der Grünkohl ist fast erreicht und das Gasthaus, „Hansen Hof“ am Rande von Nindorf ist schon in Sicht. Was für eine Überraschung. Ich bin sicher, damit hat wohl keiner gerechnet!!! Oder etwa doch? Plötzlich habe ich das Gefühl, den geliebten Kohl, das wertvolle Wintergemüse mit seinen vielen Vitaminen, bereits riechen zu können. Schnell nehmen wir an den Tischen Platz und nette Kellnerinnen erkundigen sich nach unseren Getränkewünschen. Nany und Perry bestellen, wie es sich zum leckeren Grünkohlgericht gehört, ein helles Pils, ein “Großes“ natürlich. Im Rahmen der Begrüßungsansprache wird Günter Hirchert noch mit einer Schweigeminute geehrt.

So ein Grünkohlessen kann immer ein göttlicher Genuss sein. Alles ist organisiert, aber das mit dem Buffet ist nicht so wie wir es gerne hätten!!! Die Wartezeiten sind einfach zu lang! Das Essen ist ansonsten hervorragend. Alle Teilnehmer dieser Wanderung sind begeistert. Besonders der Pinkel ist immer wieder ein Hochgenuss, könnte aber etwas mehr Fett enthalten!!! Und zum Nachtisch drei Sorten Eis mit zwei verschiedenen Soßen; einfach galaktisch lecker. Der Gasthof ist sehr gemütlich eingerichtet und die Bedienung ist zuvorkommend. Leider fehlt es wie überall an Personal. Auch die drei Vierbeiner bekommen ihr „Fresschen“. Da jubiliert die Hundeseele! Die Stimmung ist gut und wird mit jedem Bier besser. Man merkt gar nicht, wie die Zeit vergeht. So gegen 16:00 Uhr fahren die meisten nach Hause oder werden abgeholt.

Der Winter 2022/23 ist noch lange nicht abgehakt! Der Frühling muss noch ein paar Tage warten!
Wir waren 57 Läufer, drei liebe Vierbeiner und 15 Nichtläufer! Ein Gesamtergebnis mit dem wir überaus zufrieden sind! 65 Portionen Grünkohl wurden verputzt, 4 Schnitzelgerichte und 4 vegetarische Leckereien!!!
Lieber Udo, vielen Dank für die hervorragende Organisation. Es hat mir sehr viel Freude bereitet, dich bei der Planung unterstützen zu dürfen.

Denkt bitte alle auch an das nächste kulinarische Großereignis. Es wird übernatürlich lecker.
Am Freitag den 5. Mai findet um 19:00 Uhr im Restaurant Waldhof in Unterstedt das 11. Traditionelle SPARGELESSEN statt.